Die „Niemals-Aufgeben-Philosophie“ versus dem würdevollen Scheitern

Überall bekommt man die Parolen zu hören „niemals aufgeben“, „kämpfen bis zum Schluss“ oder „Du braucht nur fest daran zu glauben, dann wird es auch wahr“.

 

 

Und ich spreche hier nicht nur von „Krebs-Parolen“, nein, sondern von allen erdenklichen Situationen. Von Eltern, die ihren kleinsten Kindern diese Parolen einbläuen, von jungen Sängern, die in Casting-Shows singen als würde es um ihr Leben gehen, von Freizeit-Sportlern, die vergessen haben, dass es eigentlich auch Spaß machen sollte….

 

 

Alles gut und Recht. Aber wo bleibt der Plan für den Fall, dass es doch nicht klappt, doch nicht funktioniert, man doch nicht durchhält, oder man doch einfach nicht gut genug ist.

 

 

Was ist mit der Realität? Denn, sind wir uns doch ehrlich, es gewinnt nicht jeder – die meisten verlieren. Scheitern. Scheitern gehört zum Leben. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Wir dürfen daraus lernen. Vielleicht auch lernen, mit dem Ärger darüber umzugehen. Ohne das Scheitern wären wir völlig doch abgehoben und realitätsfremd. Oder? Also lasst uns dem Scheitern würdevoll begegnen. Feiern wir, dass wir eine Sache auch mal beenden dürfen, aufgeben dürfen und sich dafür vielleicht viele neue Türen öffnen, für die wir vorher keinen Blick hatten. Scheitern als Chance. Als Chance zum Wachsen, zur Veränderung, zum Neubeginn.

 

 

Ihr lieben jungen Leute da draußen: Ihr müsst nicht alle Superstar werden. Die meisten Leute sind keine Superstars.

 

 

Wir dürfen auch mal weich sein – wie das Wasser – den leichtesten Weg finden. Wir dürfen uns auch mal auf unsere Intuition, unser Bauchgefühl, einlassen. Auch wenn der der Verstand was ganz anderes sagt und uns mit den einstudierten Parolen „Nicht aufgeben. Kämpfe immer weiter.“ verunsichert, blind und verkrampft werden lässt.

 

 

Ich weiß, wenn es um den Krebs geht, sehen sich viele gut aufgehoben mit den „Kampf-dem-Krebs“-Parolen. Mag für viele ja auch stimmten. Kein Ding. Ich persönlich habe so viel in meinem Leben gekämpft, dass ich für mich das Loslassen, das weich werden, das Annehmen die großen Lehr-Themen meiner Krankheit waren. Und das ist nicht zu verwechseln mit aufgeben. Ganz im Gegenteil. Ich durfte im Laufe der letzten Jahre durch viele Gespräche mit anderen Betroffen erfahren, dass viele so denken wie ich. Aber da es unpopulär ist sich als „Nicht-Kämpfer“ zu bezeichnen, tragen viele diese Weisheit mit sich alleine herum. Und leider trifft es mich auch immer wieder zu lesen, wenn jemand beschreibt, dass jemand den „Kampf verloren“ hat. Es wurde kein Kampf verloren. Man ist gestorben. Und ob ihr es glaubt oder nicht: Jeder stirbt – wirklich jeder. Ganz unausweichliche jeder. Autsch, was für eine grausame Erkenntnis! Sterben hat doch nicht mit verlieren oder gewinnen zu tun. Es ist Teil unseres Seins.

 

 

…mit leeren Händen kam ich. Mit leeren Händen muss ich gehen…

 

 

Kein Gewinn, kein Verlust. Eine ausgeglichene Bilanz.

 

 

Und da fällt mir doch noch ein Spruch ein, den die Gesellschaft regelmäßig zum Einsatz bringt, wenn man scheitert: „Hinfallen, Aufstehen, Krönchen richten, weiter gehen!“ Und das werde ich auch tun. Immer und immer wieder - würdevoll scheiternd.

 

 

Sonnige Grüße

 

Eure Evelyn

 

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