Der Onkel Doktor hat mich angerufen

Mein Arzt hat mich angerufen. Abends um 18.30 Uhr. Nach Feierabend. Nicht etwa wegen der bevorstehenden kleinen OP oder irgendeinem Befund. Auch nicht wegen meinem grippalen Infekt, der mich die letzten Tag lahm gelegt hat. Nein. Der Grund war mein Buch.

Ich haben in den letzten Wochen meine Probeexemplare fleißig an Freunde, Betroffene, Selbsthilfegruppen usw. verteilt und mir deren Rückmeldungen angeschaut und angehört. Und schon einige Korrekturen vorgenommen.

 

Ich hatte noch ein paar Exemplare übrig und habe all meinen Mut zusammengenommen und diese an meine Ärzte verteilt. Mut darum, weil ich einen großen Respekt vor ihrer Arbeit und ihrer Verantwortung habe und ihnen nicht die wertvolle Zeit stehlen möchte. Zeit, die sie brauchen um sich um die Patienten zu kümmern, Diagnosen zu stellen und Befunde mitzuteilen, zu operieren, untersuchen, Berichte zu diktieren, statistische Meldungen abzuliefern und vielleicht auch mal Privatperson zu sein. Außerdem sind sie Ärzte - klug, studiert, erfahren, mit vielen Titeln versehen - und ich bin ja nur ich.

 

Eher schüchtern habe ihn ihnen also mein Buch in die Hand gedrückt: „Ich hab da was geschrieben. Aber es ist noch nicht ganz fertig. Es sind noch viele Fehler drinnen. Vielleicht möchten Sie es ja mal anschauen. Danke. Ciao.“ Oder ich habe es einfach nur den Sprechstundenhilfe mit einer kleinen Notiz abgegeben und bin schnell wieder zur Tür raus.

 

Ich habe schon gar nicht mehr an diese Exemplare gedacht und sie mir höchstens in irgendeiner untereren Schublade eines Neben-Schreibtisches vorgestellt, da kam dieser Anruf. Er wolle sich für das Buch bedanken. Es tue gut auch wieder mal eine Sichtweise eines Patienten zu bekommen und nicht nur die tägliche, fachliche Perspektive. Es gefällt ihm sehr gut und es liege derzeit auf seinem Nachtkästen, weil ihm noch ca. ¼ davon zu lesen fehlt, aber er musste mich einfach jetzt schon anrufen um mir das zu sagen. Und er verabschiedete sich mit „ciao Evelyn“ und nicht mit „alles Gute Frau Flatz“.

Ist das nicht ein wahnsinns-toller Anruf!

 

 

Und in dem Moment als ich merkte wie gut es tat von einem Arzt nicht nur als Patient sondern auch als Mensch wahrgenommen zu werden, passierte in die umgekehrte Richtung das selbe. Ärzte sind ja auch nur Menschen. Menschen, die sich jeden Tag mit Dutzenden anderen Menschen beschäftigen, denen irgendwas fehlt, irgendwas Zuviel haben oder irgendwas weh tut. Jeder Einzelne verlangt vom Arzt die 100%ige Aufmerksamkeit, Hingabe, beste Behandlung und will als ganzheitliches menschliches Wesen wahrgenommen werden. Einen echt harten Job macht Ihr da, liebe Ärzte. Noch dazu werdet Ihr ungerechter weise dauernd mit den kursierenden negativen Gefühlen und Ängsten gegenüber der Schulmedizin konfrontiert.

 

Ich ziehe an dieser Stelle einfach mal den Hut vor Euch!

 

PS: Es gibt übrigens ein Buch, welches ich gerade lese und an dieser Stelle empfehlen möchte: „Noch eine Runde auf dem Karussell“ von Tiziano Terzani. Es ist sein Erfahrungsbericht u.a. über das Verhältnis Arzt – Patient und Schulmedizin – Alternativmedizin. Er hatte selbst Krebs und alles mögliche durchprobiert.

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Kommentare: 2
  • #1

    anita (Samstag, 18 Oktober 2014 13:38)

    finde es genial, dass du auch an die ärzte gedacht hast! ich habe auch schon erlebt, wie sehr sie sich über ein ganz einfaches aber ehrliches, von herzen gesagtes DANKE freuen... irgendwie habe ich das gefühl das hören sie viel zu selten ... deshalb:
    ich ziehe ebenfalls den hut - vor den ärzten aber auch vor dir!

  • #2

    Evelyn (Montag, 20 Oktober 2014 11:31)

    @Anita: I like :-)

Kontakt:

Evelyn Flatz, Lustenau (A)

+43(0)699 10556705

evelyn.flatz@gmx.at

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